Berlin - Den Weltumwelttag am 5. Juni gibt es seit 1972. In diesem Jahr steht der Tag unter dem Motto: „Natürlich Klima schützen. Moore, Wälder und Meere erhalten“. Das hat auf den ersten Blick zwar wenig mit dem Ausbau der Elektro-Mobilität zu tun. Doch E-Autos können einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Statt klimaschädlicher fossiler Brennstoffe wie Öl oder Gas kommt in der E-Mobilität Strom zum Einsatz, der zu immer größerem Anteil aus erneuerbaren Energien wie Wind oder Sonne gewonnen wird. Aber es gibt noch viele Hindernisse auf diesem Weg – nicht zuletzt die geringe Zahl der Ladesäulen.
E-Autos werden beliebter – aber noch herrscht Skepsis
Die Zahl der Elektroautos in Deutschland ist von rund 137.000 im Jahr 2020 auf 618.000 Anfang 2022 gestiegen. Nach Prognosen soll die Zahl der E-Autos (einschließlich von Plug-In-Hybriden) bis 2025 auf 3,4 Millionen klettern.
Aktuelle Umfragen zeigen aber, dass sich die Begeisterung der in Deutschland lebenden Menschen gegenüber der Elektro-Mobilität noch in Grenzen hält: Auf die Frage, ob beim nächsten Autokauf die Wahl auf ein Elektrofahrzeug fällt, antworteten im Februar dieses Jahres 28 Prozent, dies sei sehr unwahrscheinlich, weitere 24 Prozent sagten „eher unwahrscheinlich“. Dagegen hielten nur 10 Prozent die Entscheidung für ein Elektroauto für sehr wahrscheinlich, weitere 16 Prozent für eher wahrscheinlich.
Umfrage: Wird Ihr nächstes Auto ein Elektroauto?
Immerhin 52,6 Prozent der Befragten glauben, dass ein Elektroauto umweltfreundlich ist. 30,5 Prozent glauben das nicht. Das geht aus einer Umfrage des Energiewirtschaftsverbandes BDEW hervor. Dabei ist die Einstellung zum E-Auto bei 59 Prozent in den letzten drei Jahren gleichgeblieben, bei 28 Prozent hat sie sich nach einer Umfrage des Instituts Appinio positiv verändert, bei 13 Prozent negativ. 54,3 Prozent verbinden mit E-Autos aber vor allem teure Preise, 41,5 Prozent nach Angaben des Unternehmens Leaseplan die Umweltfreundlichkeit.
Großzügige Subventionen
Der Kaufpreis von E-Autos ist vergleichsweise hoch. Deshalb fördert die Bundesregierung derzeit den Kauf mit Prämien bis zu 9.000 Euro inklusive Herstelleranteil. Plug-In-Hybride werden mit bis zu 6.750 Euro gefördert.
Die Zuschüsse für Plug-In-Hybride könnten allerdings Ende 2022 auslaufen. Zudem soll auch die Förderung für reine Elektroautos gesenkt werden. Für rein elektrisch betriebene Fahrzeuge soll der Bundesanteil 2023 noch 4.000 Euro betragen, 2024 und 2025 sollen es noch 3.000 Euro sein. Das geht aus einem Vorschlag des Bundeswirtschaftsministeriums hervor. Entschieden ist noch nichts.
Umweltschützer werfen der Regierung vor, insbesondere überdimensionierte SUV und andere Energiefresser zu fördern. «Mit immer mehr, immer größeren und oft übermotorisierten Fahrzeugen fährt der Klimaschutz an die Wand», sagte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).
Kernproblem Ladestationen
Gab es Anfang 2020 erst knapp 30.000 öffentliche Ladepunkte in Deutschland, sind es derzeit rund 56.000. Vor allem in den Großstädten sind Ladestationen knapp. Kamen 2019 noch acht E-Autos auf einen öffentlichen Ladepunkt, waren es 2021 schon 23 Fahrzeuge.
Stromtankstellen: Öffentlich zugängliche Ladepunkte für Elektro-Pkw
Etwa die Hälfte der Stadtbewohner führt nach Angaben der „Süddeutschen Zeitung“ fehlende Lademöglichkeiten als Argument gegen den Kauf eines Elektroautos an. „Wenn Sie keine Möglichkeit haben, zu Hause zu laden, dann kaufen Sie kein Elektro-Auto“, sagt Renault-Chef Luca de Meo in der SZ (21.5.2022). Bei einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) im November 2021 gaben 45 Prozent als größte Sorge beim Kauf eines Elektroautos die fehlende Ladestruktur an. In Berlin, mit 3,66 Millionen Einwohnern Deutschlands größte Stadt, gab es Ende 2021 nach Angaben der Agentur für Elektromobilität (eMO) 1.787 öffentliche Ladepunkte für gut 36.000 Fahrzeuge (einschließlich Plug-In-Hybride).
Knappheit vor allem in Ballungsgebieten
Der Ausbau der Lade-Infrastruktur hält nicht mit den subventionsgeförderten Verkaufszahlen mit. Die staatliche KfW-Bank stellt fest, dass in den vergangenen zwei Jahren die Zahl der Elektroautos dreimal stärker gewachsen ist als die der Lademöglichkeiten. Statt acht Elektroautos müssten sich nun 23 Fahrzeuge einen öffentlichen Stromladepunkt teilen. Das liege auch deutlich unter der ursprünglichen EU-Zielgröße von einem Ladepunkt pro zehn Elektro-Autos. Vor allem in den Ballungsgebieten sind die Lademöglichkeiten knapp.
Elektroautos je Ladepunkt in Deutschland
Die Bundesregierung hat sich bis 2030 das Ziel von 15 Millionen Elektrofahrzeugen sowie einer Million Ladepunkten gesetzt. Doch zum 1. April 2022 waren erst knapp 59.000 Ladepunkte registriert.
Tesla setzt Signal für die Zukunft
Bei den Herstellern von E-Autos in Deutschland lag 2021 VW vor Renault, Smart, Tesla und BMW. Auch international große Aufmerksamkeit hat der Neubau einer riesigen Fabrik des US-Herstellers Tesla in Grünheide bei Berlin geweckt. Das in diesem Jahr eröffnete Milliardenprojekt soll künftig mit 12.000 Mitarbeitern jährlich 500.000 E-Autos produzieren.
Die neue Tesla-Autofabrik setzt die deutschen Hersteller unter Konkurrenzdruck. So plant VW ebenfalls ein neues Werk für das zentrale Elektromodell Trinity. Das hat der Aufsichtsrat im März 2022 entschieden. Gut zwei Milliarden Euro soll die Fabrik in der Nähe des VW-Stammsitzes Wolfsburg kosten. Mit dem Bau werde im Frühjahr 2023 begonnen. Auch der vietnamesische Hersteller Vinfast plant eine Fabrik in Deutschland – sie soll den gesamten europäischen Markt bedienen. Über den genauen Standort ist aber nach Angaben des Unternehmens noch nicht entschieden.
PODCAST
Wo steht Deutschland bei der Elektromobilität? Ein Interview mit Dr. Till Gnann, Projektleiter und Koordinator des Querschnittsthemas E-Mobilität beim Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI.