London - Brexit-Vorboten: Die Netto-Einwanderung nach Großbritannien ist deutlich zurückgegangen. Vor allem immer mehr EU-Ausländer verlassen das Land und immer weniger ziehen dorthin. Das belegen am Donnerstag in London veröffentlichte Schätzungen der britischen Statistikbehörde ONS (Office for National Statistics).

Die Netto-Einwanderung - die Differenz zwischen Einwanderung und Auswanderung - sank demnach binnen eines Jahres bis Ende März bei allen Ausländern um 81 000 auf 246 000. Dies ist der niedrigste Wert seit drei Jahren. Insbesondere EU-Ausländer kehrten Großbritannien den Rücken. Bei ihnen fiel die Netto-Einwanderung um 51 000 auf 127 000 und damit so stark wie seit etwa zehn Jahren nicht mehr.

Die Zahlen deuten nach Angaben der ONS-Expertin Nicola White darauf hin, dass das Brexit-Referendum für den Rückgang verantwortlich sein könnte. Unklar sei, ob es sich um einen langfristigen Effekt handele. Die Rechte der EU-Bürger nach der Scheidung Großbritanniens von der EU sind noch weitgehend unklar. Die Trennung erfolgt Ende März 2019.

Ziel von Theresa May ist es, die Netto-Einwanderung auf unter 100 000 zu drücken.

Von den EU-Ausländern haben den Statistiken zufolge insbesondere Bürger aus den EU-8-Staaten dem Vereinigten Königreich den Rücken gekehrt. Dazu zählen die Tschechische Republik, Estland, Ungarn, Litauen, Lettland, Polen, Slowenien und die Slowakei. Sie hatten sich im Jahr 2004 der Staatengemeinschaft angeschlossen.

Bei der Abstimmung über den Austritt aus der Europäischen Union im Juni 2016 spielte das Thema Einwanderung eine große Rolle. London will durch die Scheidung von der EU die ungehinderte Zuwanderung von EU-Ausländern beschränken. Ziel von Premierministerin Theresa May ist es, die Netto-Einwanderung auf unter 100 000 zu drücken.

Ein Sprecher des Wirtschaftsverbandes Institute of Directors sagte in London: «Niemand sollte diese Zahlen feiern.» Großbritannien büße schon jetzt als Arbeits- und Wohnort an Attraktivität ein. Viele Agrarbetriebe und Firmen in der Lebensmittelindustrie befürchten, ohne billige Arbeitskräfte aus dem EU-Ausland nicht überlebensfähig zu sein. Auch das Hotelgewerbe sieht Probleme auf sich zukommen.

Auf Kritik stießen die neuen Zahlen auch bei der oppositionellen Labour-Partei. Die Liberaldemokraten, die einen Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union wollten, sprachen von einem «Brexodus der EU-Bürger».

In Großbritannien leben etwa 3,2 Millionen EU-Bürger und 1,2 Millionen Briten in der Europäischen Union. Sie brauchen dafür bislang keine besondere Erlaubnis. In der kommenden Woche sollen die Brexit-Verhandlungen in Brüssel fortgesetzt werden.

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