Europa zieht die Daumenschrauben an: Venezuelas umstrittener Staatschef Nicolás Maduro soll innerhalb einer Woche freie und faire Wahlen ausrufen - andernfalls wollen unter anderen Deutschland, Frankreich, Spanien und Großbritannien den selbst ernannten Staatschef Juan Guaidó als legitimen Interimspräsidenten anerkennen. Die USA und viele lateinamerikanische Länder haben sich schon hinter den jungen Abgeordneten gestellt, Russland, China, der Iran und die Türkei hingegen halten weiter zu Maduro.

Mit der konzertierten Aktion erhöhen die Europäer in der eskalierenden Staatskrise in dem südamerikanischen Land nun den Druck auf den immer autoritärer regierenden Machthaber. «Das Volk Venezuelas muss frei und in Sicherheit über seine Zukunft entscheiden können», ließ Kanzlerin Angela Merkel am Wochenende die Vize-Regierungssprecherin Martina Fietz via Twitter fordern. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez äußerten sich auf Twitter fast genauso wie Merkel. Auch die Niederlande, Portugal und Großbritannien schlossen sich an.

Venezuela_Korrektur_57367679.jpg

Länderporträt Venezuela

Der Versuch, ein klares Ultimatum im Namen der gesamten Europäischen Union auszusprechen, war zuvor offenbar am Widerstand einiger Länder gescheitert. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini konnte deshalb am Wochenende lediglich eine abgeschwächte Erklärung abgeben. In ihr droht sie lediglich indirekt mit der Anerkennung Guaidós durch die EU, wenn «in den nächsten Tagen» keine Neuwahl angekündigt werde. Über den EU-Kurs im Umgang mit Venezuela soll nun am kommenden Donnerstag weiter diskutiert werden. Dann kommen die Außenminister der Mitgliedstaaten zu einem zweitägigen informellen Treffen in der rumänischen Hauptstadt Bukarest zusammen.

«Niemand kann uns ein Ultimatum stellen»

Maduro wies die gesetzte Frist für freie und faire Wahlen zurück. «Dieses Ultimatum müssen sie zurücknehmen. Niemand kann uns ein Ultimatum stellen», sagte er in einem Interview des Senders CNN Türk. «Venezuela ist nicht an Europa gebunden. Das ist eine Frechheit.» Außenminister Jorge Arreaza sagte: «Wir werden niemandem erlauben, uns irgendwelche Befehle zu erteilen.»

Beim Weltjugendtag in Panama äußerte sich auch Papst Franziskus zur Lage im nahen Venezuela, ohne in dem Machtkampf allerdings selbst Position zu beziehen. Das katholische Kirchenoberhaupt, dessen Stimme in Lateinamerika großes Gewicht hat, sprach sich für eine friedliche Lösung der Krise und die Einhaltung der Menschenrechte aus. «Hier in Panama habe ich viel an das venezolanische Volk gedacht», sagte er am Sonntag. Angesichts der «schwerwiegenden Situation» hoffe er, dass eine «gerechte und friedliche Lösung» zum Wohl der gesamten Bevölkerung zur Überwindung der Krise in Venezuela gefunden werde.

US-Außenminister Mike Pompeo warnte im UN-Sicherheitsrat vor einer Gefährdung des Weltfriedens durch den wirtschaftlichen Kollaps und die Flucht von Millionen Venezolanern in Nachbarländer. Maduro hatte zuletzt die diplomatischen Beziehungen zu den USA abgebrochen. Beide Länder nahmen nun Verhandlungen über die Einrichtung von Interessensvertretungen auf. Sollte innerhalb von 30 Tagen keine Einigung erzielt werden, würden beide Länder die Botschaften befreundeter Staaten benennen, um ihre Interessen künftig zu vertreten, und den Rest der Diplomaten abziehen, teilte das Außenministerium in Caracas mit.

«Wir gehen wieder auf die Straße»

Guaidó, Chef des entmachteten Parlaments, hatte sich am Mittwoch zum Übergangspräsidenten Venezuelas ernannt. Zwar verfügt er international bereits über erheblichen Rückhalt, in Venezuela selbst hat er bislang aber keine echte Machtposition. Um den Druck auf Maduro weiter zu erhöhen, kündigte er für kommende Woche eine weitere Großdemonstration an. «Wir gehen wieder auf die Straße», sagte er. «Venezuela ist aufgewacht, um seinen Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Hier ergibt sich niemand.»

Der entscheidende Machtfaktor in Venezuela ist das Militär, das bisher treu zu Maduro steht. Die Generäle kontrollieren weite Teile der Ölwirtschaft sowie die Verteilung von Lebensmitteln und haben wenig Interesse an einem Wechsel im Präsidentenpalast. Zudem sollen viele Offiziere in kriminelle Geschäfte verwickelt sein - im Gegenzug für ihre Loyalität lässt Maduro sie gewähren.

«Wenn Maduro die Unterstützung der Streitkräfte behält, dürfte er sicher versuchen, an der Macht zu bleiben und seine Herausforderer mit Gewalt niederzuringen», schreibt Phil Gunson in einer Analyse des Forschungsinstituts Crisis Group. Guaidó weiß das und hat Soldaten eine Amnestie in Aussicht gestellt, wenn sie mit Maduro brechen.

Einen ersten Erfolg konnte er nach seinem Werben schon verbuchen: Der Militärattaché an der venezolanischen Botschaft in Washington sagte sich am Samstag von Maduro los und stellte sich in den Dienst von Guaidó. «Er ist der einzige rechtmäßige Präsident», sagte Oberst José Luis Silva.

 {
 "excerpt": "In der eskalierenden Staatskrise in Venezuela erhöht Europa den Druck: Wenn der autoritäre Machthaber bis zum kommenden Wochenende keine Neuwahlen ausruft, wollen mehrere EU-Staaten seinen Gegenspieler als Interimspräsidenten anerkennen.",
 "creationDate": "2019-01-28",
 "permalink": "https://ednh.news/de/europaeer-stellen-venezuelas-praesidenten-maduro-vor-die-wahl/",
 "language": "de",
 "categories": "Nachrichten",
 "media": "Infografik",
 "imageFeatured": "https://ednh.news/wp-content/uploads/2019/01/Politische_Krise_in_60113501.jpg",
 "status": "publish",
 "authorId": "8",
 "author": "dpa"
}