Biarritz - Als US-Präsident Donald Trump beim G7-Gipfel im französischen Biarritz den neuen britischen Premierminister Boris Johnson traf, sah das aus wie der Beginn einer Männerfreundschaft. Beim gemeinsamen Frühstück war die Laune ausgelassen, es wurde gelacht. Auch wenn Trump Bundeskanzlerin Angela Merkel beim sogenannten Familienfoto des Gipfels am Sonntagabend Küsschen auf die Wangen gab: Ihr Verhältnis ist deutlich kühler.

Das liegt einerseits an den grundverschiedenen Persönlichkeiten Trumps und Merkels - aber auch an den vielen Streitpunkten zwischen Washington und Berlin. Eine Auswahl der Konflikte und Streitfragen, die häufig auch die EU als Ganzes betreffen:

Handelsstreit und Autozölle

Trump hat eine ganze Reihe von Handelskonflikten vom Zaun gebrochen - vor allem mit China, aber auch mit der EU. «Die Europäische Union ist schlimmer als China, nur kleiner», sagte Trump kürzlich bei einer Wahlkampfveranstaltung. Am vergangenen Dienstag meinte er, die USA hätten alle Trümpfe in der Hand, «weil wir nur ihre Autos besteuern müssten und sie würden uns alles geben, weil sie Millionen Mercedes rüberschicken. Sie schicken Millionen BMW rüber». Stichwort Mercedes und BMW: Treffen würden solche Zölle vor allem deutsche Autobauer.

Beim G7-Gipfel kamen die USA und China nach den Worten von Trump überein, «sehr bald» wieder Verhandlungen über eine Beendigung des Handelskrieges aufnehmen. Einen Termin gab es noch nicht.

Brexit

Trumps Regierung unterstützt den harten Brexit-Kurs von Johnson und wirft der EU vor, Großbritannien schlecht zu behandeln. Während der Rest Europas (und rund die Hälfte der Briten) dem Brexit mit großen Sorgen entgegensieht, stellten Johnson und Trump den EU-Austritt bei ihrem Treffen in Biarritz als den Beginn einer gemeinsamen verheißungsvollen Zukunft dar. Dann werde Großbritannien den «Klotz am Bein» los sein, sagt der EU-Spalter Trump. Der Präsident der Superlative verspricht den Briten «ein sehr großes Handelsabkommen - größer, als wir es jemals mit Großbritannien hatten».

In der Sache gab es keine Fortschritte. Johnson kam ohne neue Vorschläge nach Biarritz. Seine Gespräche mit der EU-Führung verliefen aber in «sehr positiver Atmosphäre», hieß es.

Iran

Die USA und die Europäer sind sich einig, dass die Einmischung des Iran in regionale Konflikte unterbunden werden muss und dass der Iran keine Atomwaffen besitzen darf. Da hört die Einigkeit aber schon auf: Trump hat das Atomabkommen mit Teheran einseitig aufgekündigt, weil er es für nicht weitreichend genug hält. Die Europäer wollen den Vertrag retten. Zuletzt ist der Konflikt zwischen Washington und Teheran gefährlich eskaliert, die Angst vor einem Krieg wuchs. Den US-Militäreinsatz im Persischen Golf zum Schutz von Handelsschiffen vor iranischen Angriffen unterstützt Deutschland nicht. Für große Überraschung sorgte beim G7-Gipfel, dass Frankreich den iranischen Außenminister Mohammed Dschawad Sarif nach Biarritz einlud - Trump ließ ihn Ende Juli auf die US-Sanktionsliste setzen.

In die Bemühungen der Europäer im Irankonflikt kam dadurch Bewegung. Trump zeigte sich grundsätzlich zu einem Treffen mit Irans Präsident Hassan Ruhani bereit, das in den nächsten Wochen stattfinden könnte. Er unterstützte auch die Gespräche der Europäer mit dem Iran.

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Anteil der G7-Staaten an der Weltwirtschaftsleistung und der Weltbevölkerung seit 1980.

Nord Stream 2

Trump läuft Sturm gegen die Ostsee-Pipeline, die ab dem kommenden Jahr Gas von Russland nach Deutschland liefern soll. Er argumentiert, Deutschland mache sich zur «Geisel Russlands». Allerdings wollen die USA auch ihr im Überfluss vorhandenes Gas in Europa verkaufen. Im US-Senat liegt ein parteiübergreifender Gesetzesentwurf, der Sanktionen gegen die Betreiber von Schiffen vorsieht, mit denen die Rohre in der Ostsee verlegt werden. Auch Trump selber hat schon mit Sanktionen gedroht. Unklar ist aber, ob sich das schon weit fortgeschrittene Projekt überhaupt noch stoppen ließe.

Verteidigungsausgaben

Trump argumentiert (sehr verkürzt), dass Deutschland Abermilliarden Euro für Gas an den «potenziellen Feind» Russland zahlt, sich im Ernstfall aber von den USA beschützen lassen will - und gleichzeitig bei den Verteidigungsausgaben hinter den Nato-Verpflichtungen zurückbleibt. Trump fordert einen Anstieg der Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr mit einem Anteil in Höhe von 1,36 Prozent - sie betont, die deutschen Verteidigungsausgaben stiegen stark an.

US-Truppen in Deutschland

Vor der Europa-Reise Trumps verschärften die USA ihre Drohungen mit einem Teilabzug ihrer Truppen aus Deutschland. «Es ist wirklich beleidigend zu erwarten, dass der US-Steuerzahler weiter mehr als 50 000 Amerikaner in Deutschland bezahlt, aber die Deutschen ihren Handelsüberschuss für heimische Zwecke verwenden», sagte der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell. Trump hatte eine Truppenverlegung von Deutschland nach Polen im Juni ins Spiel gebracht. Am kommenden Freitag reist Trump zu einem Besuch nach Warschau, da dürfte das Thema wieder auf der Tagesordnung stehen.

Weitere Ergebnisse

Die «Amerika-Zuerst»-Politik von US-Präsident Donald Trump verhindert viele multilaterale Lösungsansätze. So gab es bei dem Gipfel im französischen Biarritz auch keine umfangreiche gemeinsame Abschlusserklärung mehr, sondern nur noch ein einseitiges Papier. Dennoch wurden Fortschritte in der Kooperation der G7-Partner erzielt.

Digitalsteuer: Frankreich und die USA konnten ihren Streit um die französische Digitalsteuer für Internetkonzerne entschärfen. An dem Tag, an dem es eine internationale Lösung gebe, will Frankreich die Steuer abschaffen und bis dahin zu viel gezahlte Steuern zurückzahlen.

Frauen: Die Gleichstellung von Frauen wollte Macron in den Mittelpunkt des Gipfels rücken. Er strebt an, dass die G7-Länder die Gleichberechtigung auch in Gesetzen verankern. Doch blieb es auffällig still bei dem Thema. Unabhängige Organisationen zeigten sich irritiert.

Gesundheit: Kanzlerin Angela Merkel kündigte in Biarritz für die nächsten drei Jahre einen Beitrag von einer Milliarde Euro für den Globalen Fonds zum Kampf gegen Aids, Malaria und Tuberkulose an. Die EU stellte 550 Millionen Euro in Aussicht. Aktivisten begrüßten die Zusagen.

Afrika:  Angesichts wachsender Instabilität in der Sahel-Region südlich der Sahara wollen die G7-Staaten stärker als bisher gegen islamistischen Terrorismus in Westafrika vorgehen. Es geht nicht um zusätzliche Truppen, sondern um Ausbildung, Ausrüstung und Beratung.

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