Kurz vor der Weltklimakonferenz in Bonn (6. bis 17. November) schlagen UN-Organisationen, Mediziner und Ökonomen Alarm. Die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre sei so schnell gestiegen wie nie zuvor. Der Klimawandel schade bereits jetzt der Gesundheit vieler Menschen. Zudem müssten die Länder noch viel mehr als bislang geplant tun, um einen Klimakollaps abzuwenden. Das ist die Faktenlage für die Weltklimakonferenz in Bonn, die am kommenden Montag beginnt.

Selbst bei Einhaltung aller bisher von den Ländern vorgelegten Klimaschutzzusagen wird sich die Erdtemperatur laut UN-Umweltprogramm (Unep) um mindestens drei Grad im Vergleich zur Zeit vor der Industrialisierung erhöhen. Dieses mahnende Zwischenzeugnis präsentierte das Programm am Dienstag in Genf. Im Pariser Abkommen hatten die Staaten vereinbart, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen, auf jeden Fall aber auf deutlich unter 2 Grad.

Nach Angaben der Weltwetterorganisation (WMO) ist es auf der Erde bereits 1,2 Grad wärmer. Das Zwei-Grad-Ziel gilt als äußerste Grenze, um katastrophale Klimafolgen abzuwenden. Viele Forscher warnen schon bei plus 1,5 Grad vor kaum tragbaren Folgen für die Menschheit: Schmelzen der Eiskappen, Anstieg der Meeresspiegel, mehr Wetterextreme. «Es besteht dringend Bedarf, die kurzfristigen Maßnahmen zu beschleunigen und die langfristigen Ziele ehrgeiziger zu gestalten», heißt es im Unep-Report. Die Klimaziele der Staaten ergäben nur ein Drittel der Emissionsreduktionen, die bis 2030 nötig wären, um die schlimmsten Folgen der Erderhitzung zu vermeiden.

Die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre steigt weiter an

Obwohl die gesteckten Klimaziele bis 2030 nicht reichen, gibt es einen Lichtblick: Der weltweite Ausstoß des bedeutendsten Treibhausgases CO2 von nun 35,8 Gt sei in den vergangenen drei Jahren relativ stabil geblieben. Ein Teil der Stabilisierung komme durch den Ausbau der erneuerbaren Energien vor allem in China und Indien. Wenn weiter Kohlekraftwerke gebaut würden, könne der Ausstoß jedoch schnell wieder nach oben gehen.

Der Unep-Report zeigt auch konkrete Wege, wie Länder kostengünstig CO2 einsparen können. Erneuerbare Energien, mehr Energieeffizienz, Aufforstung und Vermeidung von Waldzerstörung könnten mit geringen Kosten umgesetzt werden oder sogar Gewinne bringen.

Auch wenn der Ausstoß von CO2 stabil bleibt, steigt dennoch dessen Konzentration in der Atmosphäre - und zwar 2016 so schnell wie noch nie. Das lag neben den Aktivitäten der Menschen auch am Wetterphänomen El Niño mit seinen erhöhten Ozeantemperaturen und Dürren in den Tropen, wie die Weltwetterorganisation (WMO) am Montag in Genf berichtete. Dadurch konnten Ozeane und Pflanzen nicht so viel CO2 aufnehmen wie in anderen Jahren.

Gravierende Folgen für die Gesundheit der Weltbevölkerung

Die CO2-Konzentration betrug nach Angaben der WMO 403,3 Teilchen pro Million Teilchen (ppm), 3,3 ppm mehr als im Jahr zuvor. Bis zu Beginn der Industrialisierung sei die Konzentration mindestens 800 000 Jahre unter 280 ppm geblieben. Nach Forscherschätzungen gab es eine so hohe CO2-Konzentration wie heute zuletzt vor drei bis fünf Millionen Jahren. Dabei sei es zwei bis drei Grad wärmer gewesen. Das Eis in Grönland und der West-Antarktis sei geschmolzen und der Meeresspiegel habe 10 bis 20 Meter höher gelegen.

Schon heute habe der Klimawandel gravierende Folgen für die Gesundheit der Weltbevölkerung, schreibt eine Kommission des Fachblatts «Lancet». So seien von 2000 bis 2016 etwa 125 Millionen Menschen über 65 Jahre weltweit Hitzewellen ausgesetzt gewesen mit entsprechenden gesundheitlichen Folgen, etwa für das Herz-Kreislaufsystem. Bis 2050 könnte die Zahl der Menschen, die direkt an den Folgen von Hitzewellen leiden, eine Milliarde erreichen, schreibt die Kommission aus 24 Partnern, darunter die Weltgesundheitsorganisation WHO, Universitäten und die Weltbank.

Steigende Temperaturen hätten zudem dazu geführt, dass die Arbeitsproduktivität auf dem Land von 2000 bis 2016 bei körperlich tätigen Menschen um 5,3 Prozent abgenommen habe. In einige Regionen sei es an immer mehr Tagen zu heiß, um draußen zu arbeiten. «Die Stadien für die Fußballweltmeisterschaft in Katar werden nachts unter Flutlicht gebaut, das geht in der Landwirtschaft in Afrika nicht», so Anthony Costello von der WHO. Die Autoren warnen auch vor den Folgen des Klimawandels auf den weltweiten Hunger. Für jedes Grad globalen Temperaturanstiegs würden sich die globalen Weizenerträge um 6 Prozent verringern, bei Reis betrage der Schwund gar 10 Prozent.

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 Ein deutlicher Trend: 2014, 2015 und 2016 waren die wärmsten Jahre seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen im Jahr 1880.

Dem «Lancet»-Report zufolge hat sich die Zahl der wetterbedingten Naturkatastrophen seit 2000 um 46 Prozent erhöht. Allein 2016 sei so ein ökonomischer Schaden von 129 Milliarden US-Dollar (111 Mrd Euro) entstanden. Es gebe allerdings auch hoffnungsvolle Zeichen. So würden viele Länder den Ausstieg aus der Kohleenergie vorbereiten. Hinzu kämen der wachsende Anteil erneuerbarer Energien und die intensivierte Forschung im Bereich Elektromobilität.

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