Wien – Der Klimawandel beeinflusst in vielen Regionen Europas das Eintreffen der Wasserhöchststände von Flüssen. Zu diesem Schluss kommen die Autoren einer internationalen Studie unter der Leitung von Günter Blöschl von der Technischen Universität Wien. Allerdings zeigten sich die Auswirkungen des Klimawandels im Zeitraum von 50 Jahren sehr unterschiedlich: Während in einigen Regionen der Scheitelpunkt des Hochwassers 2010 durchschnittlich etwa 65 Tage früher lag als noch 1960, verschob er sich anderswo um 45 Tage nach hinten.

Für die im Fachjournal «Science» veröffentlichte Studie standen nicht die Häufigkeit oder das Ausmaß einzelner Hochwasser- oder Überschwemmungsereignisse im Fokus, sondern deren Zeitpunkt. Dabei nutzten die Forscher eine riesige Datenmenge: Werte von 4262 Wassermessstationen in 38 europäischen Ländern aus den Jahren 1960 bis 2010 flossen in die Analyse ein. Die Wissenschaftler bestimmten bei jeder Messstation für jedes Kalenderjahr den Zeitpunkt des höchsten Pegelstands oder des größten Wasserdurchflusses.

Als klimaabhängige Ursachen für den Zeitpunkt des Hochwassers untersuchten die Forscher die Schneeschmelze in den Bergen, die Niederschlagsverteilung und das Maximum der Bodenfeuchtigkeit. Die Flächennutzung in der Umgebung oder eine intensivere Landwirtschaft, spielten für den Zeitpunkt eines Hochwassers eine geringere Rolle.

Wasserhöchststände heute deutlich früher als 1960

Nach vorne verlagert haben sich Pegelhöchststände demnach vor allem in Regionen, in denen die Flüsse viel Schmelzwasser transportieren: Das wärmere Klima führe dazu, dass die Schneeschmelze immer früher beginne - etwa in Skandinavien, den Alpen und Osteuropa.

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2014, 2015 und 2016 waren die wärmsten Jahre seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen im Jahr 1880.

Auch an der Atlantikküste, von Portugal bis Belgien und Südwest-Großbritannien, liegen die Höchststände heute deutlich früher als 1960. Hier sehen die Forscher die Ursache jedoch in einer Veränderung bei der Bodenfeuchtigkeit: Die größte Wassermenge im Boden wird im Jahresverlauf früher erreicht. Diese begünstige Hochwasser.

Umgekehrt ereignet sich das Jahreshochwasser in Norddeutschland und anderen Gebieten rund um die Nordsee etwa zwei Wochen später als vor über 50 Jahren. Dies führen Blöschl und Kollegen auf späte Winterstürme zurück, die wiederum ein Ausdruck des Luftdruckgefälles zwischen dem Äquator und dem Nordpol seien. Als Ursache für die Änderung des Gefälles gelte der Klimawandel.

Überschwemmungsrisiko könne um das 20-Fache ansteigen

Die Erderwärmung gilt auch als Grund für die Veränderungen bei den Zugbahnen von Stürmen, die dem nördlichen Mittelmeerraum zum Teil starke Niederschläge bringen. Diese Veränderungen führen nach Forscherangaben wiederum dazu, dass auch an der östlichen Adriaküste und im Südosten Spaniens die Hochwasserspitzen später als 1960 erreicht werden.

In einem «Science»-Kommentar schreiben Louise Slater und Robert Wilby von der Universität in Loughborough (Großbritannien), die Studie rege wichtige Fragen zur Hochwasservorhersage an. Das Überschwemmungsrisiko könne bis zum Ende des 21. Jahrhunderts um das 20-Fache ansteigen.

Dieter Gerten vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hebt die umfassende Datenbasis und die genutzten statistischen Methoden hervor. Weiter sagt er: «Die Studie bildet eine plausible Argumentationskette, die mit vielen anderen Studien im Einklang steht.»

Stefan Hagemann vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg hält es für eine gute Idee, sich nur die Hochwasserzeitpunkte anzusehen und spricht von einer «soliden Studie». Allerdings werde auch die Änderung der nordatlantischen Oszillation als Erklärung herangezogen - darunter fallen Variationen der typischen Verhältnisse zwischen einem Azoren-Hoch und einem Island-Tief. Ob diese spezielle Änderung mit dem Klimawandel zusammenhänge, sei jedoch noch nicht geklärt.

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