Frankfurt/Main - Die im Koalitionsvertrag von Union und SPD angestrebten Lockerungen beim Kündigungsschutz für Topverdiener in Banken lassen auf sich warten. Es gebe zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine konkreteren Pläne mitzuteilen als das, was im Koalitionsvertrag vereinbart worden sei, erklärte das Bundesarbeitsministerium auf Anfrage. «Die konkreten Ausarbeitungen hierzu bleiben abzuwarten.»
Um Londoner Banken einen Umzug nach Deutschland und insbesondere an den Finanzplatz Frankfurt schmackhafter zu machen, hatten CDU, CSU und SPD festgeschrieben, sich für «attraktive Rahmenbedingungen am Finanzplatz Deutschland» einzusetzen. Der britische EU-Austritt (Brexit) zwingt Banken am Finanzplatz London, sich umzuorientieren.
Die Regierungspartner streben an, sogenannte Risikoträger «im Kündigungsschutzgesetz leitenden Angestellten gleichzustellen». Als Risikoträger gelten zum Beispiel Geschäftsleiter, Bereichsleiter, Leiter Recht und Finanzen oder Angestellte mit hohem Handelsvolumen. Von solchen Mitarbeitern sollen sich Banken dann auch ohne Vorliegen von Kündigungsgründen gegen Zahlung einer Abfindung trennen dürfen.
Flexibilisierung betrifft nur kleinen Kreis von Spitzenverdienern
Greifen würde die geplante Neuregelung für Bank-Mitarbeiter, deren Grundvergütung mehr als das Dreifache der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung beträgt. Für Westdeutschland sind dies derzeit auf Jahressicht 234 000 Euro. Wie viele Mitarbeiter betroffen wären, lasse sich derzeit nicht abschätzen, erklärte das hessische Finanzministerium. «Fest steht aber: Die vereinbarte Flexibilisierung zielt nur auf einen kleinen Kreis von Spitzenverdienern ab. Für alle anderen bleibt der Kündigungsschutz unangetastet», betonte ein Sprecher des Ministerium.
«Man kann durchaus darüber nachdenken, dass Menschen, die sehr viel verdienen, nicht den gleichen Kündigungsschutz brauchen wie ein normaler Arbeitnehmer», sagte der Frankfurter Arbeitsrechtler Hans-Peter Löw der Nachrichtenagentur dpa.
«Wenn man den Kündigungsschutz lockert, muss das allerdings für alle Branchen gelten. Ein Sonderkündigungsrecht für Banker hielte ich für verfassungswidrig.» Löw, der seit mehr als 20 Jahren auf dem Gebiet des Arbeitsrechts tätig ist, betonte: «Es gibt keinen Grund, warum jemand, der in einer Bank arbeitet, leichter zu kündigen sein sollte als jemand, der in der Industrie arbeitet.»
Mögliche Änderungen bis Ende März 2019 umsetzen
Ohnehin wird die Zeit knapp, mögliche Änderungen im deutschen Kündigungsschutzgesetz noch bis zum Brexit in Kraft zu setzen. Bis Ende März 2019 soll der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union vollzogen sein.
Hessens Finanzminister Thomas Schäfer, der sich wie der Bankenverband BdB für Lockerungen im Kündigungsschutz einsetzt, äußerte sich jüngst optimistisch: «Ich bin zuversichtlich, dass es am Ende da zu einer Umsetzung kommt», sagte der CDU-Politiker der «Börsen-Zeitung». «Es macht ja keinen Sinn, die Sache erst nach dem formalen Ausscheiden Großbritanniens aus der EU auf den Weg zu bringen. Entscheidend ist, in den nächsten Monaten noch verbliebene Details zu klären. Der Rest ist dann Gesetzgebungstechnik. Das sollte möglich sein», sagte Schäfer.
Viele Banken haben Standortfrage noch nicht entschieden
Christian Hoefs, Arbeitsrechtspartner in der Kanzlei Hengeler Mueller, teilt den Optimismus: «Wenn der Gesetzgeber jetzt beginnen würde, könnte die Neuregelung in zwei bis drei Monaten stehen.» Hoefs meint zudem: «Selbst wenn eine Neuregelung erst nach dem britischen EU-Austritt in Kraft treten würde, hätte das noch seinen Sinn. Denn viele Banken haben die Standortfrage ja noch nicht abschließend entschieden.»
Die meisten Banken haben allerdings bereits die Weichen für ihre Aufstellung nach dem Brexit gestellt. Derzeit sieht es nicht so als, als würden in Frankfurt Tausende neue Bankerjobs entstehen.
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