London  - Die britische Regierung ist ein stückweit von ihrer harten Haltung zur Rolle des Europäischen Gerichtshof nach dem Brexit abgerückt. In einem am Mittwoch in London veröffentlichten Positionspapier heißt es zwar, die direkte Rechtsprechung des Gerichts in Großbritannien solle mit dem EU-Austritt enden. Die Regierung schloss aber nicht aus, dass Urteile des Gerichts auch künftig als Richtschnur für juristische Auseinandersetzungen mit Auswirkungen auf das Vereinigte Königreich herangezogen werden. Für ein künftiges Abkommen mit der EU will London, dass je nach Streitfall unterschiedliche Gremien entscheiden.

Der Forderung Brüssels, dass Bürger und Unternehmen aus der EU in Großbritannien weiterhin ihre Rechte vor dem Gerichtshof in Luxemburg einklagen können, erteilte London eine Absage. Stattdessen sollten nationale Gerichte zuständig sein. Um Konflikte zwischen der EU und Großbritannien zu lösen, könnten Gremien auf diplomatischer oder politischer Ebene berufen werden, wie aus dem Papier hervorgeht. Eine andere Möglichkeit seien Schiedsgerichte. London verwies auf entsprechende Vereinbarungen in Freihandelsabkommen zwischen der EU und Drittstaaten wie Kanada oder Vietnam.

Konservative britische Medien werfen ihr Wortbruch vor - Oppositionspolitiker sprechen von einem «Rückzieher».

Wer für die anfallenden Kosten für die neuen Gremien oder Schiedsgerichte aufkommen soll, geht aus dem Papier nicht hervor. Ebenso unklar ist, ob sich London während einer geplanten Übergangsperiode dem Europäischen Gerichtshof unterwerfen will - britische Medien zufolge läuft es darauf hinaus.

Premierministerin Theresa May hatte es zu einem der wichtigsten Ziele für den geplanten EU-Austritt erklärt, sich nicht länger dem Gericht in Luxemburg zu unterwerfen. Großbritannien werde sich die Kontrolle über seine Gesetze zurückholen, beharrte May bei einem Besuch in einer Fabrik westlich von London am Mittwoch. Konservative britische Medien warfen ihr indes Wortbruch vor - Oppositionspolitiker sprachen von einem «Rückzieher». Das am Mittwoch veröffentlichte Papier ist Teil einer Reihe von Dokumenten, die London in den vergangenen Wochen zu seiner Haltung in Sachen Brexit veröffentlicht hat. Die Gespräche mit Brüssel sollen in der kommenden Woche fortgesetzt warden.

Am Donnerstag sollen Vorschläge zum Datenschutz präsentiert werden. Die bisher vorgestellten Papiere bezeichnete die oppositionelle Labour-Partei als «vage und unverbindlich». Sie sollten nur verschleiern, dass es keinen echten Fortschritt gebe.

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