Trotz einzelner mahnender Stimmen geht Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit breitem Rückhalt der Unionsfraktion in die Verhandlungen über eine Reform der Europäischen Union. Merkel habe in einer intensiven Diskussion mit mehr als 20 Wortmeldungen viel Zustimmung zur Forderung bekommen, die Weiterentwicklung des Euro-Rettungsschirms ESM zum europäischen Währungsfonds mit einer Änderung der EU-Verträge zu verbinden, hieß es am Dienstag, 17. April, aus Teilnehmerkreisen einer Sitzung der Unionsfraktion. Dort stellte Merkel ihren Kurs für die Verhandlungen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und der EU-Spitze vor.

Hintergrund der Zustimmung der Parlamentarier zu Merkels Äußerungen über den Währungsfonds ist, dass einer Änderung der EU-Verträge letztlich auch der Bundestag zustimmen muss. Die EU-Kommission hält allerdings eine Umwandlung für denkbar, ohne dass es dafür weitgehende Vertragsänderungen geben muss. Vertragsänderungen gelten in der EU als besonders schwierig und langwierig. Merkel betonte den Teilnehmerkreisen zufolge zudem, der Währungsfonds solle eine Einrichtung der Vertragsstaaten sein und nicht eine weitere EU-Institution, auf die die EU-Kommission entscheidenden Einfluss haben könnte.

Die Kanzlerin will mit Frankreichs Präsident Macron  an diesem Donnerstag, 19. April, bei einem Treffen in Berlin weitere Reformschritte besprechen. Bis zum EU-Gipfel Ende Juni wollen beide substanzielle Fortschritte in den Reformverhandlungen erreichen. In der Unionsfraktion gibt es die Sorge, dass das Parlament bei wichtigen und für den deutschen Haushalt teuren Entscheidungen außen vor gelassen werden könnte. SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles kritisierte, sie könne die vielen roten Linien nicht akzeptieren, die die Union aufgestellt habe.

Merkel: Mehr Tempo bei den Reformen

Unionsfraktionsvize Ralph Brinkhaus (CDU), der kürzlich noch erklärt hatte, er sehe nicht, dass auf dem EU-Gipfel substanzielle Fortschritte erzielt werden könnten, unterstrich nach den Angaben seine Übereinstimmung mit Merkel. Er warnte vor einer möglichen Konjunkturförderung durch den Währungsfonds. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) plädierte für einen Ausgleich zwischen einer Stärkung Europas und der Wahrung nationaler Interessen.

Der Außenpolitiker Norbert Röttgen (CDU) und andere plädierten in der Sitzung demnach dafür, nicht mit der Lupe nach Unterschieden zu Frankreich zu suchen, sondern etwas mehr die Gemeinsamkeiten mit Paris herauszustellen.

Merkel hatte nach einem Treffen mit der Premierministerin von Neuseeland, Jacinda Ardern, mehr Tempo bei den Reformen verlangt. Dies dürfe nicht auf die Wirtschafts- und Währungsunion beschränkt bleiben. Ebenso wichtig seien eine gemeinsame Asylpolitik, die Finanzplanung für die nächsten Jahre, Zusammenarbeit in der Außen- und Verteidigungspolitik sowie die wissenschaftliche Kooperation.

«Wir werden mit Frankreich gemeinsame Lösungen finden»

Auf Forderungen Macrons nach einem Eurozonen-Haushalt und einem Euro-Finanzminister ging Merkel nicht ein. «Wir werden zum Juni hin mit Frankreich gemeinsame Lösungen finden», sagte sie. «Ich bin nicht bange, dass wir nicht ein starkes Paket auf die Beine stellen werden.» Dem werde auch das deutsch-französische Ministertreffen dienen, das noch vor dem EU-Gipfel in Brüssel stattfinden soll.

Kauder warf der EU-Kommission Tricksereien vor. «Das gibt Misstrauen», sagte er. Dennoch bleibe es dabei, «dass wir die Wirtschaft-, Währungs- und Bankenunion, so wie es vereinbart worden ist, auf den Weg bringen wollen». Es gelte aber der «strenge Hinweis» an die EU-Kommission, «dass man sich an Vereinbarungen halten muss und da nicht tricksen darf». So sei vereinbart worden, dass die gemeinsame Sicherung von Bankeneinlagen in der EU erst verhandelt werden könne, wenn die Risiken in den Nationalstaaten reduziert worden seien. Nun gebe es Kritik, dass in der Kommission formuliert worden sei, man könne sich ja schon vor der Risikobewertung auf den Weg machen, die Dinge voranzutreiben.

Die CSU lehnt wesentliche Teile der Finanzvorschläge Macrons und der EU-Kommission ab. Dies gelte etwa für einen EU-Finanzminister, eine EU-weite Arbeitslosenversicherung sowie für eine Vertiefung der Einlagensicherung bei Banken ohne vorherige Risikominimierung, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Nicht alles, was Macron vorschlage, könne automatisch in deutschem Interesse sein – wie etwa der Vorschlag einer europäischen Arbeitslosenversicherung. «Ich habe überhaupt keine Veranlassung, Macrons persönliche Glücksgefühle zu meinem politischen Programm zu machen», betonte Dobrindt.

Von Jörg Blank, dpa

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