Beim Brexit ignoriert die britische Premierministerin Theresa May das Nein der Europäischen Union zu Nachverhandlungen. Sie werde nach Brüssel zurückkehren und eine «pragmatische Lösung» anstreben, erklärte May am Sonntag (3. Februar). Doch mehrere Abgeordnete aus Mays konservativer Partei tragen ihre Linie nicht mit. Die EU-Kommission erklärte, es gebe keine konkreten Pläne für Gespräche mit May. Gut 50 Tage vor dem EU-Austritt wird damit ein harter Bruch ohne Vertrag oder eine Verschiebung immer wahrscheinlicher.

May hatte über 18 Monate mit der EU ein Austrittsabkommen ausgehandelt, das aber Mitte Januar im britischen Parlament durchfiel. Vorige Woche stimmte das Unterhaus für eine Änderung eines der umstrittensten Punkte: Die im Vertrag vereinbarte Garantie für eine offene Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland - der so genannte Backstop - soll durch «alternative Regelungen» ersetzt werden. Die EU lehnt allerdings jede Änderung am Abkommen kategorisch ab.

Trotzdem beharrt May auf Nachverhandlungen. Im «Sunday Telegraph» schrieb die Regierungschefin: «Wenn ich nach Brüssel zurückkehre, werde ich für Großbritannien und Nordirland kämpfen. Ich werde gewappnet sein mit einem frischen Mandat, mit neuen Ideen und neuer Entschlossenheit, um eine pragmatische Lösung zu vereinbaren, die den Brexit liefert, für den das britische Volk gestimmt hat und gleichzeitig sicherstellt, dass es keine harte Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland gibt.»

«Großbritannien verdient einen besseren Deal.»

Mehrere konservative Abgeordnete stellten aber am Sonntag klar, dass selbst bei einer Änderung des Backstops die Ratifizierung des Brexit-Abkommens nicht gesichert wäre. Brexit-Befürworter Steve Baker kommentierte Mays Äußerungen auf Twitter mit den Worten «Ärger in Sicht» und betonte, eine Gruppe von etwa 80 EU-Kritikern habe «ernste Bedenken gegen das ganze Abkommen». Wenn May nur eine Zusatzvereinbarung zum Backstop aushandele, werde der Vertrag erneut durchfallen. Die konservative May-Kritikerin Andrea Jenkyns äußerte sich ähnlich. Es gebe noch weitere Probleme mit dem Austrittsabkommen: «Großbritannien verdient einen besseren Deal.»

May hat für die Rettungsversuche für ihren Deal zunächst nur bis zum 13. Februar Zeit: Dann will sie dem britischen Parlament erneut Bericht erstatten. Diplomaten in Brüssel erwarten, dass es bis dahin keine ernsthaften Fortschritte gibt. Da dann vor dem Brexit-Datum 29. März nur noch sechs Wochen bleiben, rechnen viele mit einem britischen Antrag auf Verschiebung. May will davon bisher aber nichts wissen.

Aus EU-Sicht wäre auch nur eine Fristverlängerung um drei Monate unproblematisch - bis zur Konstituierung des neuen EU-Parlaments nach der Europawahl Ende Mai. Wäre Großbritannien dann noch EU-Mitglied, müsste es nach geltendem Recht an der Europawahl teilnehmen und erneut Abgeordnete bestimmen. Das gehe aus den EU-Verträgen ganz klar hervor, sagte eine Sprecherin des Europaparlaments der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatte das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» aus einem Gutachten des Parlaments von 2017 zitiert: «Sollte das Vereinigte Königreich in der Zeit der Europawahlen noch Mitglied der EU sein, hätte es die Pflicht, Wahlen abzuhalten, um vor der Einsetzung des Parlaments Abgeordnete zu bestimmen.»

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