Berlin - In fünf Stunden von Berlin nach Wien, mit dem Expresszug sogar in vier - geht es nach den Plänen von Deutschland, Tschechien und Österreich soll das ab den 2030er Jahren auch auf der Schiene zu schaffen sein. Auf einer Online-Fachkonferenz unterzeichneten die drei Länder  eine entsprechende Absichtserklärung. «Brandenburger Tor, Frauenkirche, Karlsbrücke und Stephansdom - sie rücken über die Schiene ganz dicht aneinander», teilte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) dazu mit. Das Projekt sei ein «Grundstein für eine leistungsstarke, grenzüberschreitende europäische Achse».

Die Mitgliedstaaten sowie Vertreter von Unternehmen und Branchenverbänden diskutierten auf dem diesjährigen «Schienengipfel» darüber, wie der grenzüberschreitende Bahnverkehr in Europa schneller und attraktiver gestaltet werden kann. Die grundlegenden Konzepte sind bekannt: Ein neu aufgelegter Trans-Europ-Express (TEE 2.0) soll europäische Städte besser miteinander verbinden. Schon in naher Zukunft könnten damit Fahrgäste durchgehend von Paris über Berlin nach Warschau reisen. Auch ein Direktzug von München über Zürich nach Mailand ist geplant.

Neue Nachtzugangebote sollen zudem eine weitere Alternative zum Flugverkehr bieten und schließlich will Scheuer den sogenannten Deutschlandtakt in einen Europatakt integrieren. Interessen- und Branchenverbände begrüßten die Vorhaben, auch wenn das Verkehrsbündnis Allianz pro Schiene davor warnte, den zweiten Schritt vor dem ersten zu tätigen. «Ohne einen funktionierenden Deutschlandtakt als Fundament kann es mit einem Europatakt nichts werden», sagte Geschäftsführer Dirk Flege.

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Rückenwind kam auch von der EU. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte in einer Videobotschaft an die Teilnehmer die Bedeutung des Schienenverkehrs für die europäischen Klimaziele. «Unsere Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität sieht eine Reduzierung der verkehrsbedingten Emissionen um 90 Prozent bis 2050 vor», sagte sie. Dazu brauche es unter anderem eine Verdopplung des Hochgeschwindigkeitszugverkehrs bis 2030 sowie eine Verdreifachung bis 2050. Auch der Schienengüterverkehr müsse bis 2030 um mindestens 50 Prozent wachsen und sich bis 2050 verdoppeln.

Doch am Beispiel der geplanten Verbindung zwischen Berlin und Wien über Dresden und Prag wird auch deutlich, warum dieser Hochlauf in Europa bislang nur schleppend voran kommt und die Schiene gegenüber der Straße und dem Flugzeug kaum Anteile hinzugewinnt.

Da wären zum einen die langen Bau- und Planungszeiten, die auch am Projektumfang liegen: Erst im kommenden Jahrzehnt soll die Verbindung fertig sein. Die Deutsche Bahn will gemeinsam mit dem tschechischen Eisenbahn-Unternehmen einen Erzgebirgstunnel bauen. Teile der Verbindung zwischen Berlin und Prag müssen aus- oder neugebaut werden. Dafür bedarf es auch der Mitwirkung der Bürger, die häufig fehlt.

Neue Infrastruktur auch für Klimaziele

«Manchmal, muss man ehrlicherweise sagen, ist es in unserem Land noch nicht so weit, dass die Menschen verstanden haben, dass sich Mobilität ändert», sagte am Montag der Bahnbeauftragte des Bundes, Enak Ferlemann. Der Zulauf zum Brenner-Basistunnel durch das bayerische Inntal etwa stößt seit Jahren auf erbitterten Widerstand von betroffenen Anwohnern und Bürgerinitiativen.

Ohne neue Infrastruktur seien sowohl die Ausbau- als auch die Klimaziele aber nicht zu erreichen, betonte Ferlemann. «Dafür müssen alle ihren Beitrag leisten, auch diejenigen, die Grund und Boden zur Verfügung stellen.»

Hinzu kommt der Preis: Dass Bahnfahren in Europa nach wie vor teuer sein kann, liegt aus Sicht des Präsidenten der Interessengemeinschaft Mofair, Thomas Heinemann, auch an unterschiedlichen Finanzierungsmodellen für die Infrastruktur. Das schlage sich am Ende im Transportpreis für Güter oder für Fahrgäste nieder. Die Länder müssten hin zu einem gemeinsamen Modell. «Ich bin fest davon überzeugt, dass man die Schienenmaut europaweit auf Null stellen muss, um genau das zu schaffen, was alle von uns erwarten, dass wir endlich Verkehr von der Straße auf die Schiene lenken, egal ob das Güter oder Menschen sind», sagte Heinemann.

Diskussion um ein Verbot von Kurzstreckenflügen

Der bahnpolitische Sprecher der Grünen, Matthias Gastel, bezeichnete den «Schienengipfel» am Montag als «Gipfel der Unverbindlichkeit». Scheuer erweise sich dabei einmal mehr «als Meister der unkonkreten Ankündigungen». Seit dem vergangenen Sommer preise der Minister das neue TEE-Konzept als Zukunftsstrategie für den europäischen Schienenverkehr an. «Doch bis heute hat er keine konkreten Schritte unternommen, damit dieses Konzept in reale Angebote umgesetzt wird.»

Die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, hatte sich dafür ausgesprochen, Kurzstreckenflüge abzuschaffen. Auch Billigpreise wie 29 Euro für Mallorca-Flüge dürfe es nicht mehr geben, wenn man es mit der Klimapolitik ernst meine, sagte Baerbock der «Bild am Sonntag». Ähnlich hatte sich zuvor bereits SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz geäußert. Die Union lehnte Forderungen nach einem Verbot von Kurzstreckenflügen ab.

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