Berlin (dpa) – EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger lehnt direkte Hilfen aus dem EU-Haushalt für die in Bedrängnis geratene Türkei ab. Auch Finanzhilfen aus Deutschland halte er «im Augenblick nicht für angezeigt», sagte Oettinger den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er legte der Regierung in Ankara nahe, sich notfalls an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zu wenden. Dieser sei eingerichtet worden für «dramatische Entwicklungen und Zuspitzungen».

Eine Auseinandersetzung mit den USA um den 2016 festgenommenen Pastor Andrew Brunson hat die Türkei in eine schwere Währungskrise gestürzt. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hatte Sanktionen gegen zwei türkische Minister verhängt und Strafzölle auf Stahl- und Aluminium-Importe aus der Türkei verdoppelt. Die Lira, die schon seit Monaten an Wert verliert, brach daraufhin schwer ein. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bleibt aber hart und sucht im Streit mit Trump Verbündete.

«Keine Fortschritte, sondern Rückschritte»

Oettinger verwies auf die Entwicklungen der jüngsten Vergangenheit. «Leider müssen wir feststellen, dass die Türkei seit wenigen Jahren keine Fortschritte, sondern Rückschritte macht auf ihrem Weg in die EU», sagte er. Gleichwohl nahm er für die EU in Anspruch, sich «kollegial und fair» zu verhalten, da die Europäer anders als die USA keine Sanktionen gegen die Türkei verhängten.

In der türkischen Wirtschaftskrise gehe es zuallererst um eine «richtige Politik in Ankara», sagte Oettinger. Konkret nannte er eine unabhängige Notenbank, eine veränderte Zinspolitik und vertrauensbildende Maßnahmen der türkischen Regierung etwa mit Blick auf die Wirtschaftsförderung.

Möglichkeit zur Wiederannäherung?

Der Grünen-Politiker Cem Özdemir sieht in dem Sturz der Lira und der Konfrontation zwischen der Türkei und den USA eine Möglichkeit zur Wiederannäherung des Landes an Europa. Zwar schmerze es ihn, mit anzusehen, wie Erdogan «die Türkei in sklavischer Gefangenschaft mit in den Abgrund zieht», sagte Özdemir dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. «Aber vielleicht birgt diese Krise die Chance auf eine Kurskorrektur», so der frühere Grünen-Chef.

Die Bundesregierung hatte am Vortag bereits sehr zurückhaltend auf den Vorschlag von SPD-Chefin Andrea Nahles zu wirtschaftlicher Hilfe für die Türkei reagiert. Die Frage deutscher Hilfen «stellt sich für die Bundesregierung aktuell nicht», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Grundsätzlich sei aber die Bundesregierung an einer wirtschaftlich stabilen Türkei interessiert.

Deutsche Hilfe für Türkei?

Seibert wies darauf hin, dass Kanzlerin Angela Merkel und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in ihrem Telefonat in der vergangenen Woche verabredet hatten, dass die Finanz- und Wirtschaftsminister beider Seiten am 21. September den Besuch Erdogans Ende September vorbereiten sollen.

Nahles hatte angesichts der wirtschaftlichen Bedrängnis der Türkei gesagt: «Es kann die Situation entstehen, in der Deutschland der Türkei helfen muss – unabhängig von den politischen Auseinandersetzungen mit Präsident Erdogan.»

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