Europas Steuerzahler sollen mehr Sicherheit bekommen, dass das Geld aus dem milliardenschweren EU-Haushalt nicht in dunkle Kanäle oder die Taschen Krimineller fließt. Dazu nahm am 1. Juni die neue Europäische Staatsanwaltschaft ihre Arbeit auf. Sie soll Betrug, Unterschlagung und Korruption mit EU-Geldern aufdecken und vor Gericht bringen.

Solcher Missbrauch öffentlicher Gelder sei eine Gefahr für die Demokratie, sagte die EU-Generalstaatsanwältin Laura Codruţa Kövesi. «Darüber ist zu wenig bekannt, es wird unterschätzt und oft sogar toleriert, alles zum Nutzen von Verbrecherorganisationen, die legitime Behörden untergraben und ersetzen wollen.»

Der EU-Haushalt beträgt regulär rund 160 Milliarden Euro pro Jahr. Hinzu kommen jetzt die beispiellosen Corona-Hilfen im Umfang von bis zu 750 Milliarden Euro. «Kein Euro sollte verschwendet werden», sagte EU-Kommissionsvizepräsidentin Vera Jourova zum Start der Europäischen Staatsanwaltschaft. 2019 wurden nach ihren Worten aber knapp 1000 Fälle betrügerischer Unregelmäßigkeiten im Umfang von 460 Millionen Euro entdeckt.

Die neue Ermittlungsbehörde beginnt mit 22 Ländern

Die neue Ermittlungsbehörde mit Sitz in Luxemburg war bereits 2017 beschlossen worden. Da nicht alle 27 EU-Staaten mitmachen wollten, beginnt sie mit 22 Ländern. Die teilnehmenden Staaten entsenden Staatsanwälte. Aus Deutschland gehört der Rostocker Oberstaatsanwalt Andrés Ritter dazu. Zugleich arbeiten ihr in den Staaten delegierte Ermittler zu, die auch Straftaten vor nationalen Gerichten anklagen sollen.

Die EU-Kommission rechnet damit, dass jährlich etwa 3000 Fälle untersucht werden. Bereits am ersten Tag wurden nach Kövesis Worten die ersten Fälle registriert, darunter auch einer aus Deutschland. Die Behörde wollte aber auf Anfrage inhaltlich nichts dazu sagen. Betrugsanfällig sind nach Kövesis Worten unter anderem Gesundheitsleistungen, Agrarhilfen, öffentliche Investitionen und Beschaffungen.

Die EU-Staatsanwaltschaft ist für Mehrwertsteuerbetrug bei Schadenssummen über zehn Millionen Euro zuständig ebenso wie für Betrug bei Einnahmen und Ausgaben mit EU-Geldern sowie Geldwäsche Bestechung und organisierte Kriminalität in Bezug auf den EU-Haushalt.

Die EU bekomme nun endlich «das Werkzeug, das sie braucht»

Bisher lagen solche Betrugsfälle bei Staatsanwaltschaften der EU-Staaten. Sie gingen aber unterschiedlich intensiv dagegen vor. In einigen Staaten habe es nur fünf bis sechs Fälle pro Jahr gegeben, in anderen Hunderte, sagte Kövesi, die aus Rumänien stammt und als unerschrockene Ermittlerin gilt.

Im EU-Parlament begrüßen alle großen Fraktionen die neue Institution. Die SPD-Abgeordnete und frühere Bundesjustizministerin Katarina Barley kritisierte aber: «Es ist bezeichnend, dass einige Mitgliedsländer wie Ungarn und Polen sich weigern, der europäischen Staatsanwaltschaft beizutreten.» Auch der slowenische Regierungschef Janez Jansa versuche, die Staatsanwaltschaft schon vor dem Start «zu sabotieren», da er die Benennung delegierter Staatsanwälte gestoppt habe. Auch Kövesi sieht das kritisch: «Aus meiner Sicht fehlt es an ehrlicher Kooperation.»

Die CSU-Haushaltsexpertin Monika Hohlmeier betonte, die EU bekomme nun endlich «das Werkzeug, das sie braucht, um das Geld der Steuerzahler zu schützen». Der FDP-Politiker Moritz Körner und der Grünen-Abgeordnete Sergey Lagodinsky nannten den Start der Staatsanwaltschaft einen Meilenstein.

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 "Verteilung der Finanzhilfen auf die Mitgliedsstaaten"; Grafik: A: Brühl, Redaktion: M. Lorenz

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