Berlin - Die US-Präsidentschaft von Donald Trump, die Krise mit der Türkei, der schwelende Konflikt in der Ukraine, die EU im Umbruch - die Welt hat sich in den vergangenen vier Jahren verändert. Die deutschen Parteien tragen dem in ihrem Koalitionsvertrag Rechnung. Beim Durchblättern wird aber klar: Vieles bleibt auch beim Alten.

EUROPA: Gleich das erste Kapitel des Vertrags dreht sich um die Europapolitik. Die Überschrift verspricht einen «Aufbruch für Europa». «Das Europa-Kapitel gefällt mir sehr gut», sagte auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker der Deutschen Presse-Agentur. Das Lob kommt nicht überraschend: Schließlich erklären sich die Parteien bereit, mehr Geld für Brüssel auszugeben. «Wir sind zu höheren Beiträgen Deutschlands zum EU-Haushalt bereit», heißt es in dem Papier. Geld soll in die wirtschaftliche Stabilisierung fließen und in Strukturreformen, die Grundlage sein können für einen «Investivhaushalt» für die Eurozone. Das Austauschprogramm Erasmus soll ausgebaut, Jugendarbeitslosigkeit bekämpft werden. Zudem soll ein Rahmen für europäische Mindestlöhne erarbeitet und eine Finanztransaktionssteuer eingeführt werden.

Grosse_Koalitionen_u_55513240.jpg

Die neue große Koalition in Deutschland wäre die bisher kleinste unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Regierungspartner hätten 399 von 709 Sitzen im Bundestag (rund 56 Prozent). Ohne die CSU (rund 6,5 Prozent der Sitze) hätten sie also keine Mehrheit. Vergleich der Stimmenanteile und Sitze von Union und SPD nach den Wahlen 2005, 2013 und 2017.

 

USA: Den Wandel in den USA durch die Präsidentschaft von Donald Trump betrachten CDU/CSU und SPD als «große Herausforderung». Antworten darauf will man «mit Dialog und verstärkten Kooperationsangeboten». Neben dem Weißen Haus will man sich weitere Ansprechpartner suchen, in der Regierung, im Kongress, auf Bundesstaaten-Ebene. Auch der gesellschaftliche Dialog soll intensiviert werden. Außerdem pochen sie auf faire und belastbare Handelsbeziehungen zu den USA. «Protektionismus ist nicht der richtige Weg», heißt es im Vertrag.

RUSSLAND: CDU/CSU und SPD bleiben bei ihrer harten Linie in der Sanktionspolitik gegen Russland. Der von den Sozialdemokraten angestrebte schrittweise Abbau der Strafmaßnahmen schon vor der vollständigen Umsetzung des Minsker Friedensabkommens für die Ostukraine findet sich im Vertrag nicht wieder. Das entspricht auch der bisherigen Haltung der deutschen Regierung. Die SPD wollte schon bei einem von den Vereinten Nationen überwachten Waffenstillstand die Sanktionen zurückzufahren. Die EU hatte die Sanktionen gegen Russland an die Umsetzung des Minsker Friedensabkommens von 2015 gekoppelt und sie wegen fehlender Fortschritte erst im Dezember um ein weiteres halbes Jahr verlängert.

TÜRKEI: Weil sich die Lage der Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte in der Türkei verschlechtert habe, wollen die Koalitionäre die EU-Beitrittsverhandlungen zunächst einfrieren - weder sollen Kapitel geschlossen noch neue Kapitel geöffnet werden. Auch eine Visa-Liberalisierung oder eine Erweiterung der Zollunion soll es bis auf Weiteres nicht geben - sondern erst, wenn die Türkei die «notwendigen Voraussetzungen» erfülle.

ISRAEL: CDU/CSU und SPD bekennen sich klar zum Existenzrecht Israels und wollen sich für eine Lösung des Nahostkonflikts auf Basis einer Zweistaatenlösung einsetzen. Im selben Zug kritisieren sie aber die israelische Siedlungspolitik, weil diese dem Völkerrecht widerspreche und eine Zwei-Staaten-Lösung erschwere. Auch distanzieren sie sich von der US-Entscheidung zur Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels - der Status Jerusalems dürfe erst im Zuge von Verhandlungen geklärt werden, um «dauerhaft akzeptiert und haltbar» zu sein.

 {
 "excerpt": "Was bedeuten die Vereinbarungen zwischen SPD, CDU und CSU für die Welt? Ein Blick auf die außenpolitischen Vorhaben im neuen deutschen Koalitionsvertrag.",
 "creationDate": "2018-02-09",
 "permalink": "https://ednh.news/de/was-europa-und-die-welt-von-der-deutschen-koalition-erwarten-koennen/",
 "language": "de",
 "categories": "Wahlen",
 "media": "",
 "imageFeatured": "https://ednh.news/wp-content/uploads/2018/02/180209-99-998193.jpg",
 "status": "publish",
 "authorId": "8",
 "author": "dpa"
}