Brüssel/Berlin - Unionspolitiker haben mit Verweis auf eine neue EU-Vereinbarung gefordert, die Verkürzung des Genesenenstatus nach Corona-Infektionen in Deutschland zurückzunehmen. Der Chef der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Alexander Dobrindt, griff in der «Welt» Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) an: «Während Lauterbach den Genesenenstatus in Deutschland fragwürdig auf drei Monate verkürzt, stimmt die Ampel auf EU-Ebene einem Genesenenstatus von sechs Monaten zu. Das ist vollkommen planlos». Die Regierung verwies erneut darauf, dass die Festlegung vom zuständigen Robert Koch-Institut auf Basis der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse getroffen worden sei.

Hintergrund: Die EU-Staaten hatten sich am Dienstag darauf verständigt, dass sich Reisende innerhalb der Union ohne weitere Auflagen frei bewegen können sollen, wenn sie einen gültigen Impf-, Test- oder Genesenennachweis vorlegen. Beim Genesenennachweis wird hier eine Gültigkeit von 180 Tagen genannt, also sechs Monate. In Deutschland war der Status Mitte des Monats überraschend auf eine Zeitspanne von 28 bis 90 Tagen nach einem positiven PCR-Test verkürzt worden.

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Grafik-Diagramm Nr. 103640, Format 90 x 90 mm, "Vergleich der wöchentlich durchgeführten PCR-Tests in Europa"; Grafik: A. Brühl, Redaktion: M. Lorenz

Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sagte am Mittwoch in Berlin, bei der EU-Vereinbarung handele es sich um eine Regelung für Reisen innerhalb der Staatengemeinschaft. «Wenn Sie allerdings im Land sind (...), gelten die Regelungen des jeweiligen Mitgliedslandes». Die Länder könnten hier eigene Regelungen treffen.

Zur Kritik an der Verkürzung des Genesenenstatus sagte er: «Natürlich, wir sind nicht ganz glücklich damit, wie das gelaufen ist.» Er verwies zugleich auf ein neues Verfahren, das zuvor von Bundestag und Bundesrat beschlossen worden war. Dieses müsse sich noch einspielen. Genesenennachweise müssen demnach Kriterien entsprechen, die das Robert Koch-Institut (RKI) auf einer Internetseite bekannt macht - sie gelten dann unmittelbar. Kritisiert wird unter anderem, dass die erfolgte Änderung durch das RKI vorher nicht angekündigt wurde.

Der Sprecher versicherte, zur Verkürzung des Genesenenstatus habe es keine Weisungen des Gesundheitsministeriums gegeben. «Der Minister war davon nicht in Kenntnis gesetzt, dass am Sonnabend generell der Genesenenstatus geändert wird.» Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte: «Das war jetzt keine politische Entscheidung, sondern es ist der wissenschaftliche Stand, den das RKI, das dafür zuständig ist, mitgeteilt und umgesetzt hat».

Gültiges Zertifikat wichtiger als Infektionsgeschehen

Künftig soll ein gültiges EU-Corona-Zertifikat für Reisen in der EU wichtiger als das Infektionsgeschehen im Abreiseland sein. Die EU-Staaten einigten sich am Dienstag darauf, dass vom 1. Februar an nicht mehr entscheidend sein soll, von wo aus eine Reise startet - sondern, ob ein gültiger Impf-, Test- oder Genesenennachweis vorliegt. Das teilten die EU-Länder am Dienstag mit. Damit folgen die Staaten weitgehend einem Vorschlag, den die EU-Kommission vor zwei Monaten präsentiert hatte.

Neben in der EU zugelassenen Impfstoffen sollen der Einigung zufolge auch von der WHO oder nationalen Behörden akzeptierte Mittel ausreichen. Ein PCR-Test solle frühestens 72, ein Schnelltest 24 Stunden vor der Reise gemacht werden. Ein Genesenen-Zertifikat soll 180 Tage gültig sein. Wer kein Zertifikat hat, soll nach Ankunft einen Test machen. Für Kinder gibt es Ausnahmen. Zusätzliche Beschränkungen solle es nicht geben. Ein Sprecher der EU-Kommission betonte: «Das Mindeste, was wir alle erwarten können, ist, dass die Mitgliedstaaten diese Empfehlung auch umsetzen.»

Alle EU-Länder Hochrisikogebiete

Da sich die Omikron-Variante mittlerweile in ganz Europa verbreitet habe, soll zudem geprüft werden, die angesichts der Variante in manchen Mitgliedstaaten eingeführten Reisebeschränkungen aufzuheben.

Deutschland unterscheidet für die Einreise zwischen Virusvarianten- und Hochrisikogebieten. Geimpfte und Genesene müssen nach der Einreise aus einem Hochrisikogebiet nicht in Quarantäne. Ungeimpfte können sich frühestens fünf Tage nach Einreise freitesten. Derzeit gelten alle EU-Länder als Hochrisikogebiete, als Virusvariantengebiet ist derzeit kein Land eingestuft. Auch andere Länder wie Italien und Österreich verlangen derzeit teils mehr als nur ein Zertifikat. Wer etwa nur eine Grundimmunisierung hat, muss für einen Österreich-Urlaub zusätzlich einen negativen Test vorlegen.

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